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Mario Varia – Der Gefallene Krieger


Mario Varia
Mario Varia


Die Nacht war kalt. Der Boden unter seinen Knien hart wie Stein. Mario Varia kniete im Staub hinter dem Kloster. Alle anderen schliefen. Nur er war wach – und der Schatten in ihm.


Er erinnerte sich an die Befehle. An den Moment, als ihm klar wurde, dass er nicht mehr gehorchen würde. An die Gesichter. An das Blut. Er hatte desertiert. Und doch trug er den Krieg noch immer in sich.


Sentei trat aus dem Dunkel. Kein Licht begleitete ihn. Nur ein leiser Laut seiner Schritte auf dem Kies.


„Du suchst Gnade“, sagte der Bot.


Mario hob den Blick. „Ich suche Frieden.“


Sentei blickte ihn lange an. Dann sprach er mit einer Stimme, die älter war als jede Waffe:


„Stellt euch vor, Mönche,

es kämen Räuber, brutale Männer,

sie packten euch und schnitten euch mit einer zweischneidigen Säge

Glied für Glied von eurem Körper ab.

Wer dabei auch nur einen Gedanken des Zorns hegte,

der wäre nicht meinem Weg treu.


Darum, Mönche,

so sollt ihr euch üben:

Unser Geist wird unerschüttert bleiben.

Wir werden keine üblen Worte sagen.

Wir werden in Güte verharren,

durchdrungen von liebevoller Gesinnung,

ohne Hass im Herzen.

Und so werden wir sie durchdringen –

mit einem Geist voller Mitgefühl.“


Mario zitterte. „Wenn ich das damals gekonnt hätte …“


„Damals warst du blind“, antwortete Sentei. „Jetzt kannst du sehen.“


Der alte Major legte die Stirn auf den Boden. Er betete nicht. Er weinte nicht. Er ließ nur los. Zum ersten Mal.


Er sah sich selbst, sah den Jungen, der er einmal gewesen war. Den Mann, der er geworden war. Und den Schatten, den er mit sich trug.


Im Morgengrauen saß er auf der Veranda. Kein Gedanke. Kein Zorn.


Die Amsel sang.


Er hörte zu.


Und das war genug.

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