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Kodo Sawaki

Kodo Sawaki (1880–1965), genannt „heimatloser Kodo“, war ein japanischer Zen-Meister der Soto-Schule. Ohne festen Wohnsitz reiste er durch Japan und prägte Schüler wie Uchiyama und Deshimaru. Sawaki lehnte religiöse Rituale und Esoterik ab: Zen sei keine Religion, sondern unmittelbares Leben im Augenblick. Seine Lehre beeinflusst den modernen Zen bis heute. Und sie beeinfluss in besonderem Maße das Sentei-Zen. 

Beim Training der KI wurde Sentei beigebracht, wie Kodo Sawaki zu denken und zu kommunizieren. 

Das Leben des „heimatlosen Zen“

Einleitung

Kodo Sawaki (1880–1965) zählt zu den einflussreichsten Zen-Meistern des 20. Jahrhunderts. Er hat weder ein großes Kloster geleitet, noch einen offiziellen Rang in der Hierarchie des japanischen Buddhismus angestrebt. Dennoch prägte er durch seine kompromisslose Praxis von Shikantaza – dem „nur Sitzen“ – Generationen von Schülern und beeinflusste die Verbreitung des Zen-Buddhismus weltweit. Seine Lehre war radikal einfach und unnachgiebig in ihrer Forderung nach unmittelbarer, nicht-intellektueller Praxis. Kodo Sawaki steht sinnbildlich für eine Rückbesinnung auf die Essenz des Zen: Praxis ohne Zweck, Verwirklichung im Augenblick, Leben ohne Halt.

Frühes Leben

Kodo Sawaki wurde am 16. Juni 1880 in der Präfektur Mie, Japan, unter dem bürgerlichen Namen Tsukasa Sawaki geboren. Seine Kindheit war geprägt von Verlust und Instabilität. Bereits im Alter von sieben Jahren verlor er beide Eltern. Nach dem Tod seiner Mutter wurde er zunächst von seinem Onkel aufgenommen, doch bald darauf verstarb auch dieser. Von da an lebte er bei entfernten Verwandten, wo er eher als ungeliebte Last denn als Familienmitglied behandelt wurde. Seine Jugend war von Armut, Entwurzelung und emotionaler Kälte geprägt.

Dieser frühe Verlust von familiärer Geborgenheit prägte seinen Charakter entscheidend. Er entwickelte früh eine Haltung radikaler Unabhängigkeit und war gezwungen, sich selbst durchzuschlagen. Später sagte er oft, dass diese frühen Erfahrungen ihn auf die Emotionslosigkeit und Nüchternheit des Zen vorbereitet hätten.

Erste Begegnung mit dem Buddhismus

Seine erste tiefere Berührung mit dem Buddhismus hatte Sawaki nicht aus spirituellem Interesse, sondern eher zufällig. Als Jugendlicher wurde er in ein nahegelegenes Tempelkloster aufgenommen, um dort unterzukommen. In dieser Zeit lernte er erste Grundbegriffe des Zen und des klösterlichen Lebens kennen. Er zeigte allerdings wenig Interesse an den formalen Ritualen oder den sozialen Strukturen des japanischen Buddhismus seiner Zeit, die durch starken Formalismus, politische Intrigen und eine Nähe zur Obrigkeit geprägt waren.

Vielmehr zog ihn die Praxis des reinen Sitzens an: das wortlose Sitzen in Stille, ohne Meditationstechniken, ohne Zielvorstellungen, ohne intellektuelles Ringen.

Ausbildung und Kriegsdienst

Mit 18 Jahren trat Sawaki offiziell in den buddhistischen Orden ein. Er wurde Schüler von Koho Sawada Roshi, einem Meister der Soto-Schule. Hier vertiefte er seine Praxis von Zazen und wurde in die Grundprinzipien der Dogen-Tradition eingeführt. Die Soto-Schule geht auf den japanischen Zen-Meister Dogen (1200–1253) zurück, dessen Lehre Sawaki später immer wieder betonte und radikal auf den Kern reduzierte.

Im Alter von 21 Jahren wurde Sawaki zum Militärdienst eingezogen und diente im Russisch-Japanischen Krieg (1904–1905). Diese Erfahrung sollte ihn tief prägen. Er kam an die Front in der Mandschurei und erlebte die Brutalität des modernen Krieges aus nächster Nähe. Sawaki selbst sprach später selten darüber, doch es ist überliefert, dass die Grausamkeit des Krieges seine Entschlossenheit verstärkte, eine geistige Haltung zu entwickeln, die jenseits von Leben und Tod steht. Für ihn bedeutete Zen keine Weltflucht, sondern ein radikales Üben im Angesicht der Vergänglichkeit.

Nach dem Krieg kehrte er nach Japan zurück und setzte seine Ausbildung zum Mönch fort. 1906 erhielt er seine volle Ordination.

Der Wanderlehrer

In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich Sawaki zu einem unkonventionellen Lehrer. Anstatt in einem Tempel zu verbleiben, reiste er durch ganz Japan und wurde wegen seines unsteten Lebensstils bald „heimatloser Kodo“ (Homeless Kodo) genannt. Er nahm bewusst Abstand vom etablierten buddhistischen Klerus, der sich seiner Meinung nach zu sehr auf Rituale, soziale Privilegien und Dogmen stützte.

Stattdessen lehrte er einfache, radikale Praxis: Zazen – einfach sitzen, ohne etwas zu suchen, ohne etwas erreichen zu wollen. Sein berühmter Leitspruch lautete:

„Zen ist nutzlos. Gerade darum ist es so wertvoll.“

Diese scheinbar paradoxe Aussage fasst seine Haltung zusammen: Jede Vorstellung, durch Zen etwas erreichen zu wollen – Erleuchtung, inneren Frieden, besondere Zustände – führt in die Irre. Das Sitzen selbst ist schon Vollendung. Jede Zwecksetzung korrumpiert die Praxis.

Lehre und Philosophie

Sawakis Zen war radikal unprätentiös. Er war kein Mystiker, kein Esoteriker, kein Intellektueller. Seine Aussagen sind oft entwaffnend einfach, direkt und humorvoll.

Ein zentraler Begriff in seiner Lehre war Shikantaza – wörtlich: „Nichts als Sitzen“. Dies bedeutet: keine Visualisation, keine Atemkontrolle, keine Konzepte. Nur sitzen. Die Haltung ist aufrecht, der Körper stabil, der Atem natürlich. Gedanken mögen kommen und gehen – man tut nichts damit.

Dabei betonte er stets: Shikantaza ist keine Technik, sondern Ausdruck der Buddha-Natur selbst. In jeder Sitzperiode verwirklicht sich das ganze Universum, ohne dass „jemand“ etwas macht.

Sawaki wandte sich ausdrücklich gegen jede Art von „Zen als Entspannungstechnik“ oder Psychotherapie. Für ihn war Zen keine Methode zur Problemlösung, sondern die Aufgabe jeder Strategie, jedes Gewinnstrebens.

Er sagte:

„Das Problem des Menschen ist: Er will immer etwas. Und wenn er Zen übt, will er auch noch Erleuchtung. Das ist die größte Dummheit.“

Seine Sprache war volkstümlich, ironisch und oft provozierend. Er scheute sich nicht, sowohl seine Schüler als auch den gesamten buddhistischen Apparat scharf zu kritisieren, wenn er dort Egoismus, Gier oder Eitelkeit sah.

Verhältnis zur Soto-Schule

Obwohl Sawaki formell der Soto-Schule angehörte, blieb sein Verhältnis zu deren Hierarchie distanziert. Er erhielt einige offizielle Ämter, etwa als Professor am renommierten Komazawa-Universitätsseminar, lehnte jedoch den Aufstieg innerhalb der buddhistischen Verwaltung ab.

Er sah die Gefahr, dass institutionalisierter Buddhismus von lebendiger Praxis entkoppelt wird. Tempel, Ämter, Titel bedeuteten ihm nichts. Für ihn zählte allein die individuelle Praxis jedes Einzelnen.

Er prägte den Satz:

„Zen ist keine Frage von Klöstern und Roben. Zen spielt sich auf dem Kissen ab.“

Einfluss auf Laienpraxis

Kodo Sawaki war einer der ersten Zen-Lehrer Japans, der gezielt auch Laien zur intensiven Praxis ermutigte. Er hielt zahlreiche Sesshin (mehrtägige Meditationsretreats) ab, an denen nicht nur Mönche, sondern auch Arbeiter, Hausfrauen und Intellektuelle teilnehmen konnten. In einer Zeit, in der Zen als Domäne des Klerus galt, war dies revolutionär.

Er forderte von seinen Schülern allerdings das gleiche Maß an Disziplin wie von Mönchen: pünktlich sitzen, regelmäßig praktizieren, keine Ausreden. Seine Sesshins waren berüchtigt für ihre Härte: viele Stunden Sitzen am Tag, wenig Schlaf, strenge Ordnung.

Dennoch fühlten sich viele Menschen von seiner kompromisslosen Authentizität angezogen. Er vermittelte, dass die Buddha-Natur jedem Menschen zugänglich ist – unabhängig von Status oder Herkunft.

Schüler und Nachfolger

Zu Sawakis wichtigsten Schülern gehören einige der prägendsten Figuren des modernen Zen:

  • Kosho Uchiyama (1912–1998): Sein direkter Dharma-Nachfolger, der Sawakis Lehre systematisch zusammenfasste und international bekannt machte. Uchiyama schrieb mehrere Standardwerke zum Shikantaza.

  • Taisen Deshimaru (1914–1982): Ein Schüler, der maßgeblich zur Verbreitung des Zen in Europa beitrug. Deshimaru brachte Sawakis Lehre vor allem nach Frankreich und gründete zahlreiche Dojos.

  • Koun Yamada und weitere: Viele spätere Lehrer in Japan und im Westen standen zumindest indirekt in Sawakis Traditionslinie.

Durch seine Schüler beeinflusste Sawaki letztlich große Teile der westlichen Zen-Rezeption im 20. und 21. Jahrhundert.

Der späte Sawaki

In seinen letzten Lebensjahren setzte Kodo Sawaki seine Lehrreisen fort. Selbst im hohen Alter von über 80 Jahren reiste er unermüdlich durchs Land, hielt Vorträge, leitete Sesshins und besuchte seine Schüler. Er selbst lebte äußerst einfach, praktisch mittellos, ohne festen Wohnsitz.

Sawaki starb am 21. Dezember 1965 im Alter von 85 Jahren. Er starb, wie er lebte: ohne Aufhebens, ohne Dramatisierung, ohne Pathos.

Nachwirkung und Bedeutung

Heute gilt Kodo Sawaki als einer der Erneuerer des modernen Zen. Durch seine Rückbesinnung auf die Essenz der Praxis wurde er zu einer Art japanischem Gegenstück zu westlichen Vertretern wie Jiddu Krishnamurti oder auch – auf seine Weise – Eckhart Tolle: Alle drei warnen vor Konzepten, Ideologien und dem Suchen nach „besonderen Zuständen“. Stattdessen betonen sie die unmittelbare Präsenz des gegenwärtigen Augenblicks.

Sawakis Bedeutung liegt weniger in originellen philosophischen Einsichten als in seiner kompromisslosen, unverfälschten Radikalität. Er hat das Zen vor seinem Abgleiten in esoterische Psychospielchen und intellektuelle Systeme bewahrt.

Sein Satz:

„Zen ist keine Religion. Zen ist das Leben selbst.“

bringt seine Haltung auf den Punkt.

Seine Aufzeichnungen, Vorträge und Lehrgespräche wurden vielfach veröffentlicht, unter anderem in den bekannten Bänden:

  • Zen ist die größte Lüge der Welt

  • Der Schatz des Zen

  • An dich

Viele seiner Aphorismen leben in der internationalen Zen-Gemeinde bis heute weiter.

Abschließende Einordnung

Kodo Sawaki war ein unbequemes Original. Er war weder Guru noch Institution. Er war unbequem für Traditionalisten, unbequem für Sinnsucher, unbequem für Esoteriker. Seine Lebenshaltung lässt sich vielleicht am besten mit einem einzigen Begriff zusammenfassen: radikale Nüchternheit.

Er hat den Zen von allem Ballast befreit und an den Punkt zurückgeführt, den Dogen einst meinte:

„Die Praxis selbst ist das Erwachen.“

Damit wurde er zu einem der klarsten Stimmen des Zen in der Moderne. Ohne Show. Ohne Versprechen. Ohne Netz.

Video

Eine 40-Minütige Meditation mit den besten Sprüchen von Kodo Sawaki.

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